Im Gespräch mit Chris Kühn, Sprecher für Bau- und Wohnungspolitik des Bündnis 90/Die Grünen wurde beim Bürgerstammtisch in Rottweil klar: Bürgerschaftliches Engagement ist eine entscheidende Grundlagen für eine nachhaltige und soziale Stadtentwicklung. Bürgerschaftliches Engagement bietet die Möglichkeit, gemeinsam mit den Menschen eine lebenswerte Stadt für alle zu schaffen. Wohnen und Stadtentwicklung gehören für Kühn zusammen. „Wir dürfen die Fehler der letzten Jahre im Wohnungsbau nicht wiederholen. Wir brauchen mehr Gemeinnützigkeit und mehr sozialen Wohnungsbau, statt Spekulation. Die explodierenden Mietpreise, vor allem in Baden-Württemberg, wo einige der teuersten Städte Deutschlands liegen, sind Folge einer verfehlten Wohnungsbaupolitik von Schwarz-Gelb über Jahre“, so Kühn. Wer Wohnungspolitik zur Haushaltssanierung mache, könne baupolitisch nur scheitern.
Mit der grünen Landesregierung sei der soziale Wohnungsbau wiederbelebt worden und heute habe man immerhin 600 neue soziale Wohneinheiten gefördert. Diese Entwicklung muss in der nächsten Legislaturperiode weitergehen. Für Kühn ist klar, dass nicht nur Bund und Land gefordert sind, sondern vor allem die Kommunen. „Der Bürgermeister ist die wichtigste Stelle, gerade beim Leerstand in seiner Kommune einzugreifen“, so Kühn. Er sieht Eigentümer, sowie die Kommune in der Pflicht, den Leerstand zu minimieren, um so den „großen Problemen auf dem Wohnungsmarkt“ entgegenzuwirken. „Wir brauchen schnell Wohnungen. Das zu lösen geht nicht anders als über den Bestand und Innenentwicklung“, sagt er auch im Hinblick auf Geflüchteten.
„Die Flüchtlingsunterbringung ist nur dann zu bewältigen, wenn wir leerstehenden ungenutzten Wohnraum aktivieren und schnell angemessenen Wohnraum neubauen“, so Kühn. Außerdem spricht sich der Grünen Politiker ausdrücklich gegen Container-Unterbringung von Geflüchteten aus. „Das ist Stigmatisierung und ein falsches Invest.“ Eine Lösung des schnell benötigten billigen Wohnraums sieht er beispielsweise im Holzbau. „Das ist ökologisch sinnvoll, nachhaltig und kostengünstiger als ein Stahlcontainer. Außerdem haben wir gerade im Kreis Rottweil viele lokale Zimmerei-Betriebe, die dadurch volle Auftragsbücher hätten“, erklärt er seinen Ansatz. „Wer Integration schaffen will, muss auch eine baupolitische Willkommenskultur schaffen.“ „Das wird eine wichtige Aufgabe in den nächsten Jahren“, so auch Sonja Rajsp, Grünen-Landtagskandidatin. „Sollte ich in den Landtag gewählt werden, wird die Wohnungsbaupolitik im Kreis Rottweil ein Kernthema für mich sein. Hier kommen alle meine Interessen zusammen: Schutz der Natur, gute Voraussetzungen schaffen für gelungene Integration von Neubürgern, Zusammenführen von Ökonomie und Ökologie – und die Wertschöpfung regional, sodass unsere hier ansässigen Firmen etwas zum Schaffen haben!“
Auch beim Thema altersgerechtes Wohnen und Pflege sieh Kühn noch viel zu tun. „Wir müssen erreichen, dass es möglich ist, möglichst lange in den eigenen vier Wänden zu leben und im Falle der Pflegebedürftigkeit zumindest noch in der eigenen Kommune bleiben zu können. Das wird nur über gemeinschaftliche Wohnformen und Generationen übergreifendes Wohnen gehen“, sagt er. Auch hier betont Kühn die herausragende Bedeutung des bürgerschaftlichen Engagements.
Angesprochen auf das Thema Fassadengrün, lobte Kühn die neue Landesbauordnung. Mit der neuen Bauordnung sei man auf dem richtigen Weg. „Wir haben jetzt eine der modernsten und fortschrittlichsten Landesbauordnungen Deutschland. Wer gegen Fassadengrün, Fahrradstellplätze, Holzbau und Barrierefreiheit sei, hat schlicht die Zeichen der Zeit nicht verstanden“, so Kühn.