„Die Not wird immer größer“

Überparteilicher Frauenstammtisch mit MdL Swantje Sperling, Dr. Katarina Planer und Olga Bornfleth

Wie kann man den Menschen in der Ukraine helfen? Und denen, die hier ankommen? Und – nicht zuletzt – denen, die ihnen helfen? Das waren die Themen bei unsrem überparteilichen Frauenstammtisch am Dienstag. Mit dabei war Swantje Sperling, Landtagsabgeordnete und Fraktionssprecherin für Kommunalpolitik, sowie Olga Bornfleth und Dr. Katarina Planer. Die beiden organisieren im Kreis Rottweil Hilfstransporte für die Ukraine, aber sorgen auch für die Frauen und Kinder, die derzeit in Rottweil und Umgebung ankommen – ein unglaublicher Aufwand, wie beim digitalen Stammtisch deutlich wurde.

Swantje Sperling ging zunächst auf das ein, was die Landesregierung derzeit mit den Kommunen tut. Gerade zurück von einem Treffen mit dem Landkreistag, hatte sie ganz frische Informationen. Das Land agiere Hand in Hand mit den Kommunen, „wir ziehen an einem Strang.“ Und: Das Land halte sein Wort, die Kosten auszugleichen, die in den Kommunen jetzt anfallen. Es bleibe auch dabei, dass es keine bürokratischen Hürden für die Einreise gebe. „Das Land übernimmt die Kosten für die Unterbringung der Geflüchteten“, so Swantje Sperling.

Die Schulpflicht für Kinder und Jugendliche greife zwar erst nach sechs Monaten, aber es sei jetzt schon möglich, sie zu beschulen – die Ukraine ist in Sachen Online-Unterricht sehr weit. Derzeit arbeite man daran, den älteren Schülern ihre Abschlussprüfungen online zu ermöglichen. Aber es fehle an Fachkräften für die oft Traumatisierten, „das Kultusministerium hat jetzt die Vereine im Land gebeten, diese Kinder und Jugendlichen mit einzubeziehen.“ Wie den geflüchteten und einheimischen Kindern den Krieg erklären? Dafür gebe es bereits Materialien, und der Landesfrauenrat veröffentlichte jetzt Infos in Ukrainisch und Russisch, auch in den sozialen Medien, denn die Gefahr, dass Geflüchtete in die Hände von Menschenhändlern gelangten, sei groß, so die Abgeordnete. „Deutschland war schon vor dem Krieg ein Hauptziel von Menschenhändlern. Die Prävention kommt jetzt natürlich zu spät!“ Positiv zu verzeichnen sei, dass die Bereitschaft der kommunalen Spitzenverbände für die Energie-und Wärmewende durch den Krieg noch einmal stark gesteigert wurde.

Dr. Katarina Planer ist Professorin für Pflege und Pflegemanagement an der Hochschule in Esslingen, und sie kam durch einen aus der Ukraine stammenden Freund zu den Hilfsaktionen. Sie kritisierte es als „typisch Deutsch“, dass die Leute aufgefordert würden, zuhause zu bleiben, Geld zu spenden und den Helfern nicht im Weg zu stehen. „Das kennen wir ja schon aus dem Ahrtal.“ Doch es habe sich gezeigt, dass hier jede Hand, jedes Bein, jede Schaufel und jeder Schubkarren gebraucht wurde. Und ebenso sei es jetzt, es brauche die kulturelle und sprachliche Kompetenz. „Geld alleine löst das Problem nicht!“ Sie warnte davor, die ehrenamtlichen Helfer zu düpieren. „Wir brauchen jede Stunde Zeit!“ Für die Hilfe in der Ukraine und für die Menschen, die herkommen. Hier gelte es, Wohnungen zu finden, Betten und Geschirr zu organisieren, bei Anträgen zu helfen, und sie, falls der Krieg länger dauert, zu integrieren.

Sorgen macht ihnen, dass die Spendenbereitschaft nachlässt, obwohl die Not in der Ukraine immer größer wird. „Die Krankenhäuser sind in Not“, weiß Olga Bornfleth, ständig bekomme sie Anfragen nach speziellen Medikamenten, gerade L-Thyroxin für Schilddrüsenerkrankungen, „die gibt es dort nicht mehr.“ Ebenso fehle es an Verbandsmaterial und Mitteln gegen Verbrennungen. „Die Not ist groß. Wir brauchen gezielte Spenden.“ Eine krebskranke junge Frau mit kleinen Kindern konnte sie jetzt aus der Ukraine holen, ihr Mann ist dort geblieben. Sie war zu schwach, um im Zug zu sitzen, musste mit einem Krankenwagen geholt werden, nun ist sie hier und es ist unklar, wie sie mit der schnell fortschreitenden Krankheit ihr Leben und das ihrer Kinder in geregelte Bahnen bringen soll. „Die Kinder bräuchten Paten und einen ukrainisch sprechenden Psychotherapeuten“, betonte Katarina Planer. „Aber den gibt´s halt nicht.“

Und die Menschen, die hier ankommen, hätten oft nur eine Plastiktüte und noch ein paar Euros, nach oft Wochen auf der Flucht. Bis sie staatliche Unterstützung bekommen, dauere es oft mehrere Tage oder Wochen. Hier brauche es schnelle Hilfe, Kleidung, Lebensmittel, Hygieneartikel, Essenspakete, so Olga Bornfleth. Die versprachen die Teilnehmerinnen, ich selbst werde unter anderem dafür sorgen, dass die Flüchtlings-Netzwerke von 2015/16 angesprochen und hoffentlich aktiviert werden, und Swantje Sperling konnte viele Anregungen mit in den Landtag nehmen.

Der nächste Frauenstammtisch findet am 24. Mai statt, das Thema dann wird heißen „Traumberuf Bürgermeisterin / Oberbürgermeisterin“.