„Wer nix schaffen will, der sollte sich keinen Melkroboter anschaffen!“ – Diese Aussage von Manfred Haas, dem Vorsitzenden des Rottweiler Kreisbauernverbands, ließ mich aufhorchen. Wie dieser scheinbare Widerspruch zusammenpasst, das schauten Manne Haas und ich uns auf dem Hof von Familie Keller in Aichhalden an. Tobias Keller ist einer der wenigen Vollerwerbslandwirte im Kreis Rottweil. Vor zehn Jahren schaffte sich die Familie einen Melkroboter an – eine große Investition.
Melkroboter lohnen sich erst ab ungefähr 70 Kühen
Passend zum neuen Gerät bauten sie auch einen großen, besonders tiergerechten Stall, was nochmals hohe Kosten verursachte. Das Ganze muss sich betriebswirtschaftlich natürlich rechnen – das bedeutet viele Tiere und quantitatives Wachstum. Dabei betont Keller, dass es ihnen eher um das qualitative Wachstum gegangen sei, nicht um das quantitative. „Wir hatten 45 Kühe, damit waren wir eigentlich zufrieden. Damit sich der Roboter lohnt, mussten wir die Anzahl der Kühe mehr als verdoppeln“, erzählt Keller. Allein könnte er das gar nicht schaffen, zum Glück helfen seine Frau, der siebenjährige Sohn, die Eltern und der Bruder fleißig mit, und sogar der Opa legt noch Hand an. Hinzu kommt eine Teilzeit-Arbeitskraft. „Hier sieht man die ‚wachse-oder-weiche‘ – Politik, die seit Jahrzehnten von den Landwirtschaftsämtern gepredigt, von Bauernverbänden empfohlen und von der EU gefördert wird“, stellte ich fest. „Kleine Familienbetriebe haben es schwer, da mitzuhalten, und vergrößern sich, was oft mit Verschuldung verbunden ist und mit mehr Arbeit, als man auf Dauer leisten kann.“ Manfred Haas pflichtete mir bei: „Es gibt zwar Förderung für große Investitionsvorhaben, und es gibt das kleine AFP Förderprogramm, aber mittlere Betriebe werden nicht berücksichtigt.“ Die Futterbeschaffung sollte zur Anzahl der Tiere passen. Tobias Keller ist stolz darauf, dass das allermeiste an Futter von den selbst bewirtschafteten Wiesen um den Hof herum kommt.
Melkroboter: Eine tolle Sache – eigentlich.
Über das Smartgate laufen die Kühe in den Wartebereich vor dem Roboter. Rein dürfen jedoch nur die, die schon mehrere Stunden nicht mehr gemolken wurden – die anderen werden per Türsteuerung in einen anderen Bereich des Stalls gelenkt. Vor dem Roboter drängen sich die Kühe, für’s Warten gibt es Heu als Snack. Eine nach der anderen tritt in den Melkbereich, wo ihr vollautomatisch erst die Zitzen gesäubert und dann angezapft werden. „Dahinter steckt viel Technik“, stellt Tobias Keller den „backstage“ Bereich vor. Ein Roboterarm visiert per Laser die Zitzen an, jede Kuh wird identifiziert, und es ist hinterlegt, welche Zitzen gemolken werden. „Manche geben nur auf drei Zitzen Milch“, berichtet er. Auch ob mit der Milch alles in Ordnung ist, wird sofort getestet. Sollten außergewöhnliche Werte auftauchen, wird die Milch nicht in den Tank gepumpt, sondern abgeleitet. Alles, von der Milchleistung über den Melkrhythmus bis hin zu der Milchqualität wird für jede Kuh aufgezeichnet. Zwar hängt noch ein Fruchtbarkeitskalender an der Wand, die Geburtenplanung erfolgt aber auch schon längst digital.
Warum der Melkroboter nicht immer eine Erleichterung ist? „Man muss immer in der Nähe bleiben“, sagt Tobias Keller. Wenn ein Fehler auftritt, muss der schnell behoben werden. Um für sich und seiner Familie trotzdem Freiräume zu haben und auch mal in den Urlaub zu können, teilt er sich den Bereitschaftsdienst mit seinem Bruder und seinen Eltern.
Trotz der Investition im sechsstelligen Bereich haben die Kellers immer noch einen herkömmlichen Melkstand, den sie für einen kleinen Teil der Herde auch benutzen. Ob er es nach den zehn Jahren Erfahrung denn noch einmal einen Melkroboter anschaffen wurde? „Eigentlich schon“, meint Tobias Keller. „Denn wenn er denn funktioniert, dann ist er super.“ Nur wenn es halt Störungen gebe, gern auch mitten in der Nacht, das sei dann schon anstrengend.