Auf ihrer Heimattour haben UM-Staatssekretär Andre Baumann und die baden-württembergische Grünen-Vorsitzende Sandra Detzer Halt gemacht. Kräuterpädagogin Anita Aberle-Schwenk hat uns ihren wunderbaren Bauerngarten gezeigt, anschließend gab es genügend Zeit zur Diskussion.
Auf dem Christleshof in Tennenbronn halten Anita Aberle-Schwenk und ihre Familie Kräuter, Beeren und Gemüse anbauen und Hühner und Färsen. Anita Aberle-Schwenk bietet Kräuter-Workshops, serviert selbstgemachte Limonade und Giersch-Brennessel-Quiche, und die Besucher staunten. „Alle reden über Heimat“, erläuterte Sandra die Idee der Sommertour durchs Ländle. „Ein Schmarrn“, findet sie, das Heimatministerium nach Berlin zu setzen. „Dabei ist doch Heimat gerade so ein Kräutergarten, ein Ort, wo Menschen miteinander auskommen, wo Naturschutz, Klimaschutz, Gesellschaft funktionieren!“ Ziel der Grünen sei es, dass das Ländle lebenswert ist und bleibt, dabei wolle man Ideen und Anregungen austauschen und ins Gespräch kommen.
„Von Heimat hat jeder ein eigenes Bild“, so Andre Baumann, und gab dann ein bisschen Geschichtsunterricht – das war wirklich spannend: Der Heimatbegriff ist groß geworden in Zeiten der Industrialisierung, als die Menschen in die Städte zogen. Eine hohe Selbstmordrate war die Folge, Schriftsteller und Maler wie Fontane oder Caspar David Friedrich widmeten sich Eichen und Felsen, erste Naturschutzbewegungen entstanden. Das vereinnahmten die Nazis dann für sich, deuteten Heimat für sich um, völkisch abgrenzend. Nach dem zweiten Weltkrieg trug der Heimatbegriff Dirndl und Lederhosen, wurde konserviert. „Für uns ist Heimat was anderes. Regionalität, integrierend, etwas, das sich ständig verändert.“ Er selbst fühle sich daheim, wenn er an den Großkraftwerken der Kurpfalz vorbeikomme, „da komm ich halt her!“, und warum sollten für junge Leute nicht auch Windräder Heimat bedeuten?
Andre zeigte sich beeindruckt vom Christleshof, die überall zirpenden Heuschrecken zeigten die ökologische Vielfalt. „Hier ist es so schön!“ Der gegenläufige Trend, Gärten aus Stein, gar mit herbizidhaltiger Folie drunter, könne man auf der Facebookseite „Gärten des Grauens“ bewundern. „Das hier ist der Gegenentwurf. hier wird traditionelles Wissen weitergegeben. Man sieht, welchen Wert die Pflanzen für uns Menschen haben.“
In der anschließenden Diskussion kam viel Ärger über EU-Reglements zutage. Ein Schafhalter, der den geplanten Schuppen nicht bauen darf, weil er damit ein paar Meter in geschützes Gebiet kommt, betonte, er werde zum Ende des Jahres aufgeben.
Die Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Richtlinien sind vor 26 Jahren auf den Weg gebracht worden, „der Zustand wurde eingefroren. Wir wollen das wieder aufbrechen.“ Die Landwirtschaft soll in die Lage versetzt werden, daraus Profit zu ziehen. „Ich glaube, wir haben Herrn Oettinger so weit.“ Seine Vision: Wenn es das Ziel sei, die Landschaft zu erhalten, dann müsse die Landwirtschaft auch Geld damit verdienen können.
Ein Landwirt beschwerte sich darüber, dass er durch die Vorschriften, wann zu mähen sei, immer mehr Herbstzeitlosen im Heu habe und es damit nicht mehr verkaufen könne. „Wiesen sind dafür da, Futter zu geben!“, so Baumann. Das sei eine Fehlentwicklung, doch mittlerweile gebe es einen Paradigmenwechsel im Naturschutz. „Wir versuchen, die Förderprogramme ergebnisorientiert umzustricken.“ Warum die Steillagenförderung weggefallen sei, wollte ein Landwirt wissen. „Das kapieren wir auch nicht“, so Baumann und Martina Braun, Landtagsabgeordnete und selbst Landwirtin. Oftmals sei das Verhalten der Behörden auch Gängelei, „wir setzen uns für eine Win-Win-Situation ein. Wenn der Landwirt das Wagnis eingeht, sich für die Natur einzusetzen, dann muss das auch honoriert werden. FFH ist keine Käseglocke!“
Baumann betonte auch, man sei derzeit daran, die Entwicklung der Hofstellen zu erleichten. „Das ziehen wir glatt!“ Martina Braun ergänzte, die Grünen seien überhaupt nicht einverstanden mit dem, was in der EU gemacht wurde. In engem Kontakt mit der EU-Kommission wolle man nun die Fehler ausmerzen und sei dabei, für die anstehende Förderperiode einen groberen Rahmen zu bekommen. „Dafür sind wir dankbar für den Input aus der Praxis.“ Man müsse Naturschutz vom Ende her denken, so Baumann, aber auch wieder Verständnis für die Landwirtschaft wecken. Denn es gehe nicht nur Wissen verloren, sondern auch das Verständnis dafür, dass ein Landwirt eben mit dem Güllewagen fahren müsse und Tiere auch laut seien. „Das ist unsre Aufgabe als Grüne!“
Und der Dialog: „Wir sollten es schaffen, im Dialog Gräben zu schließen. Man muss Dinge ansprechen ohne Schaum vor dem Mund. So geht das nicht weiter!“ Auch das Thema Glyphosat war unumgänglich an dem Abend. Baumann stellte sich aber gegen eine symbolhafte Verbotsdiskussion, „es ist schon gut, wenn es weniger Pestizide gibt. Aber ich bin nicht sicher, ob Glyphosat verboten werden muss.“ Die Neonikontinoide allerdings, die müssten auf jeden Fall weg. Doch die Zukunft der Landwirtschaft könne man nur im gemeinsamen Dialog gestalten.
So sieht’s aus! 😉
Hier noch ein paar Impressionen: