BU: Sie laden die "Spaziergänger" am Valentinstag zum Gespräch (v.l.): Benjamin Albrecht, Jonathan Springer, Mirko Witkowski, Peter Bruker und Elke Reichenbach.

„Miteinander reden anstatt gegeneinander demonstrieren“

Wir versuchen ein neues Konzept / „Ein idealistischer Versuch“


Seit Wochen gehen in Rottweil sogenannte Spaziergänger auf die Straße, um gegen Coronamaßnahmen zu demonstieren. Das wollten sich viele Rottweiler nicht gefallen lassen und organisierten Gegenveranstaltungen, wollten die „gute Stube“ der Stadt, die Obere Hauptstraße, nicht diesen Spaziergängern überlassen. Da waren einerseits die „Klepfer“, aktive und angehende Rössletreiber, die mit ihren „Goaßln“ für lautstarken Protest sorgten.

Da waren aber auch Leute von uns Grünen, dem Forum für Rottweil, dem Stadt- und Kreisjugendring. Sie organisierten zunächst eine Mahnwache für die an Corona Gestorbenen, dann eine Menschenkette. Doch den Machern, federführend Elke Reichenbach (Gemeinderatsfraktion SPD+FFR) und Peter Bruker (Grüne), wurde schnell klar, dass ihre Veranstaltungen noch mehr Protestierer von der anderen Seite in die Stadt lockte. Bis zu 1400 Leute „spazierten“ um die historische Innenstadt, die Stimmung unter ihnen wurde aggressiver, letzten Montag gab es ein sehr großes Polizeiaufgebot, Anzeigen, Platzverweise, gar eine Verhaftung. Und eine Stimmung, die kurz davor stand zu kippen, als unter den Spaziergängern „Widerstand, Widerstand“ skandiert wurde.


Nun wollen Reichenbach und Bruker die entstandenen Mauern einreißen und den Gegenübern die Hand reichen, dafür gibt es am kommenden Montag – passenderweise dem Valentinstag – statt einer Menschenkette ein digitales Meeting. „Wir wollen den ersten Schritt tun“, so Peter Bruker. Er stellt aber auch klar: Wenn die „Spaziergänger“ ihr Gesprächsangebot aussschlagen und stattdessen erneut in Rottweil demonstrieren, werden auch sie am 21. Februar wieder auf der Oberen Hauptstraße sein.

Doch erst einmal der Versuch des Gesprächs. Argumente sollen ausgetauscht werden, auch Frust abgelassen. Und das moderiert, Christoph Plum wird das übernehmen, er ist Profi und aus Stuttgart, also in jeder Hinsicht neutral.


Auch die Kreis-SPD ist mit im Boot, für sie stellte Mirko Witkowski klar, dass man gerne die Hand ausstrecken möchte. Weil es sich hier wenig um das Thema Impfpflicht sondern vor allem um die Frage drehe, mit wem man hier auf die Straße geht, dass sich die „Spaziergänger“ von Rechtsaußen vereinnahmen lassen. Und das ist auch die Motivation des Stadtjugendrings. „Es geht darum, in welcher Gesellschaft hier demonstriert wird“, so Benjamin Albrecht.


Im Gegensatz zu Elke Reichenbach und Peter Bruker hatte Albrecht durchaus Kritik an der Stadt Rottweil. „Ich bin schockiert, wie wenig die Stadt getan hat!“ Gerade anfangs, als noch wenige „Spaziergänger“ unterwegs waren, hätte eingegriffen werden können. Hingegen habe man ihnen, dem Stadtjugendring, es schier unmöglich gemacht, Veranstaltungen für Jugendliche zu organisieren. „Und die Spaziergänger sind ohne jegliche Einschränkungen durch die Stadt gelaufen.“


Bis zu 500 Leute können an dem digitalen Abend teilnehmen, dabei werden auch Kritikpunkte gesammelt, die wir an die entsprechenden Stellen weitergeben werden: Stadt, Kreis, Ministerien. Und auf Antworten pochen werden, versprach Peter Bruker. Ob das funktioniert? Man wird sehen. „Es ist ein idealistischer Versuch“, so Elke Reichenbach.


Infos zur Veranstaltung gibt es über Email: rottweil-sagt-ja@gmx.de, und hier der Link zur Veranstaltung am Montag ab 17.45 Uhr: https://t1p.de/miteinanderreden