Am 14. Dezember hatten wir Kreistagssitzung und haben den Haushaltsplan 2021 beschlossen. Ich durfte für die Fraktion Bündnis 90 /Die Grünen die haushaltsrede halten. Hier könnt Ihr sie nachlesen:
Haushaltsrede der Fraktion Bündnis 90 /Die Grünen vom 14. Dezember 2020
Sehr geehrter Herr Landrat Dr. Michel, liebe Mitarbeitende des Landratsamts, liebe anwesende Pressevertreterinnen und -vertreter, liebe Gäste, liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Kreistag,
coronabedingt werde ich meine Rede eher kurzhalten. Die Zahlen runterbeten erspare ich Ihnen, die können Sie ja alle nachlesen.
Der vorliegende Haushaltsentwurf ist eine gute Grundlage für 2021. Ein Haushalt muss solide sein, und bei der Erfahrung, die die beteiligten Personen hier im Landratsamt bei der Erstellung des Haushaltsplans haben, machen wir uns da keine Sorgen.
Die Senkung der Kreisumlage für das kommende Jahr ist ein wichtiges Signal und eine Erleichterung für die Kommunen, die alle mehr oder weniger große Einbußen zum Beispiel bei den Gewerbesteuer-Einnahmen hatten und haben werden.
Ein Haushalt sollte neben Brot und Butter auch ein bisschen Visionäres und große Projekte enthalten. Ein großes Projekt ist definitiv das neue Landratsamtsgebäude, das den alten maroden Klotz ersetzen wird, moderne Arbeitsbedingungen verspricht und städtebaulich und hoffentlich auch energetisch neue Maßstäbe setzen wird.
Eine weitere Vision hätten wir uns gewünscht: Vor kurzem erst kam eine Studie heraus, die einer Bahnverbindung Rottweil-Schömberg-Balingen sehr hohes Fahrgäste-Potential bescheinigte. Dass die ehemalige Strecke nicht mehr vorhanden ist, wissen wir alle. Trotzdem hätte unsere Fraktion doch sehr die Machbarkeitsstudie interessiert, vor allem, wenn die zum allergrößten Teil vom Land bezahlt worden wäre. Die Abstimmung war unentschieden, und damit abgelehnt. Das war knapp daneben, aber knapp daneben ist auch vorbei. Doch möchten wir diesen Schwung in Richtung Öffi’s nach Balingen nutzen und nochmal die Regiobuslinie ins Gespräch bringen. Regiobusse werden ebenfalls zu einem großen Teil vom Land finanziert. Diese Regiobuslinie Rottweil-Schömberg-Balingen ist, Sie wissen es alle, in der letzten Legislaturperiode hier im Gremium abgelehnt worden. Aber: die Zeiten ändern sich, und die Fraktion Bündnis 90 /Die Grünen möchte eine interfraktionelle Initiative, einen gemeinsamen Antrag anregen, den Regiobus jetzt doch noch in die Spur zu bringen, das Fahrgastpotential ist da. Die Regiobusvariante hat vor der Schienenvariante den großen Charme, dass sie nicht innerhalb von Jahrzehnten, sondern innerhalb von wenigen Monaten installiert werden könnte.
Visionär ist auch die Entwicklung, im ÖPNV mit den Nachbarverbünden zusammenzuarbeiten. Da ist 2020 schon vieles passiert, das 2021 fortgeführt werden muss: Rottweil, Schwarzwald-Baar und Tuttlingen zusammengedacht bedeutet 8 anstatt 27 Zonen, bedeutet günstigere Tickets und ein einheitliches Ticketing System.
Und wo wir schon bei Visionen sind: Wenn wir an die Gäubahn denken, gehen die Visionen ins Alptraumhafte. Der schnelle Anschluss unserer Region an Stuttgart und in den Süden ist leider nur Vision. 1996 Vertrag von Lugano mit der Schweiz Zürich – Stuttgart zu beschleunigen. Es gab die Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan. Das Versprechen, mit Stuttgart 21 wird auch die Gäubahn ertüchtigt. Und was haben wir jetzt? Wir dürfen uns 25 Jahre nach dem Vertrag von Lugano über den Doppelspur – Ausbau Horb-Neckarhausen freuen, der eventuell innerhalb der nächsten drei Jahre tatsächlich gebaut wird! Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein! Da müssen wir aufpassen, dass wir nicht total abgehängt werden.
Durch die Corona-Krise haben wir einen großen Schubs in Richtung Digitales bekommen. Videokonferenzen sind für viele von uns kein Neuland mehr, und ich wünsche mir, dass auch im Landratsamt konsequent in diese Richtung weitergegangen wird. Allein schon was wir an Papier sparen könnten, wenn wir bei den Sitzungsunterlagen auf digital umstellen würden! Und: so schön es ist, sich persönlich zu sehen: Sitzungen per Videokonferenz haben entscheidende Vorteile: Die Teilnehmenden verbringen weniger Zeit auf dem Weg zur Konferenz und wieder heim, und vielleicht wird sich eine mögliche Teilnahme per Bildschirm, vor einem Jahr noch undenkbar, in Zukunft ja einbürgern! Hybrid Veranstaltungen können das Sitzungsformat der Zukunft sein, und wer weiß, wenn man flexibler ist bei der Sitzungsteilnahme, wenn man auch von zu Hause partizipieren kann, vielleicht erklären sich dann auch noch ein paar mehr Frauen bereit, für den Kreistag zu kandidieren! Nichts gegen die Herren im Gremium, aber ich für mein Teil würde mir ein paar mehr Kolleginnen sehr wünschen. Denn so ist die Bevölkerung des Kreises Rottweil in all ihrer Vielfalt nicht wirklich korrekt abgebildet.
Klimaschutz: Ja jetzt muss ich noch einige Worte zum Klima- und Naturschutz sagen. Wir wissen es alle, wir haben viel zu tun, damit wir das Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens erreichen, und das ist globaler Konsens: nicht mehr als 1,5 Grad Erderwärmung gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter. Und das sind nicht nur die Nationen dieser Welt, die hier viel leisten müssen: Klimaschutz lässt sich herunterbrechen von der globalen Perspektive über Europa, die Bundesrepublik, das Land bis hin zum Kreis, den Kommunen und den auch den Menschen, die hier leben: jede Ebene kann und muss einen Beitrag leisten, und die Kreisebene ist hier ein wichtiger Akteur. Wir sehen es an den Hitzesommern, wir sehen es an unseren Wäldern: der Klimawandel ist bei uns angekommen. Auf Kreisebene können wir einiges tun – Corona hin oder her, Klimaschutz ist weiterhin sehr wichtig, und hier wünschen wir von der Fraktion Bündnis 90 /Die Grünen uns ein noch entschlosseneres Handeln.
Es gibt das wunderbare Energie- und Klimaschutzkonzept, das die Energieagentur für den Landkreis Rottweil 2016 erstellt hat, und da lohnt sich ein Blick rein: da stehen ganz konkrete Maßnahmen drin, die auf Kreisebene in Angriff genommen werden, um die Energiewende voranzutreiben, um eine Wärmewende einzuleiten, um auf Kreisebene Klimaschutz zu betreiben. Und da wollen wir von der Fraktion Bündnis 90 /Die Grünen für 2021 einen Workshop anregen oder wieder eine Klausurtagung wie damals 2016. Der Energie- und Klimaschutzbericht wird dann fünf Jahre alt sein, und ein Update, Stand der Dinge wäre sehr wünschenswert. Es wird ja auch gerade eine CO2-Bilanz für den Kreis Rottweil erstellt, das wäre doch auch ein tolles Thema für Workshop oder Klausurtagung, um auch das energiepolitische Leitbild zu überarbeiten und Effizienzziele zu erarbeiten!
Dass im kommenden Jahr viel Geld in die Sanierung des Straßennetzes fließt, macht Sinn. Ebenfalls Sinn macht es, wie kürzlich beschlossen, eine Evaluierung zu machen, welche Straßen es am nötigsten haben. Auch die Feuerwehr wird gut ausgestattet, macht ebenfalls sehr viel Sinn, die Blaulicht-Familie ist ein wichtiges Standbein im kreisweiten Leben.
Und das Herzstück: Bildung! Unsere kreiseigenen Schulen werden weiter saniert und fitgemacht für wißbegierige Lernende, sowohl was Sanierungsmaßnahmen an Gebäuden als auch Investitionen in Breitband und Digitalisierung angeht. Da ist jeder Euro sehr gut investiertes Geld, denn die jungen Menschen, die da gemeinsam lernen, die sind unsere Zukunft.
Breitbandinitiative: Auch hier ist jeder investierte Euro gut angelegtes Geld, denn gerade hier im ländlichen Raum mit unseren hidden champions wird leistungsfähiges Internet immer wichtiger werden! Wir haben hier einen riesigen Standortvorteil, weil wir inmitten einer der schönsten Landschaften Deutschlands leben – aber diese Schönheit der Natur darf nicht wegen physischer Abgelegenheit zum Standortnachteil für innovative Unternehmen werden, und da ist ein ordentlicher Breitband-Anschluss einfach Pflicht! Da möchten wir noch ein extra Lob aussprechen: der Kreis Rottweil hat sich ja sehr hervorgetan, was die Förderung in diesem Bereich angeht: wir haben sowohl vom Bund als auch vom Land insgesamt fast 50 Millionen Euro Förderung zugesagt bekommen – und das vorzubereiten, die Bedarfe aufzuzeigen, das war ganz bestimmt ein hartes Stück Arbeit, das hat sich wirklich gelohnt, vielen Dank dafür!
Hinter all den Zahlen stecken Menschen, es steckt gemeinsames Arbeiten, Produktivität und Zusammenhalt in diesen Zahlen. 2020 war ein ganz besonders herausforderndes Jahr auf so vielen Ebenen, so auch hier im Landratsamt, Stichwort Corona. Und bei ganz schwierigen, noch nie dagewesenen Bedingungen wurde das doch, nach minimalen Anlaufschwierigkeiten, souverän gemanaged, vielen Dank für den riesigen Einsatz!
Eine Anregung hätten wir noch, im Sinne der vertretbaren Sitzungslänge: Für zukünftige Haushaltsreden könnten wir uns vorstellen, dass wir eine freiwillige Beschränkung auf 15 Minuten pro Haushaltsrede verabreden.
Ja, insgesamt freut sich die Fraktion Bündnis 90 /Die Grünen über einen ordentlich aufgestellten Haushalt danke an das komplette Landratsamtsteam mit allen angeschlossenen Bereichen und Organisationen – wir wünschen Ihnen allen, wir wünschen uns als Gesellschaft ein friedliches, gesundes Jahr 2021, auf weiterhin gute Zusammenarbeit mit viel Diskussion in der Sache und einem freundlichen und respektvollen Miteinander.
Danke schön.