Glyphosat-Gespräch mit Stefan Teufel MdL: Ich habe eine parteiübergreifende Kreis-Initiative angeregt

Es war eine bunte Truppe, die am Freitagabend im Büro von Stefan Teufel MdL (CDU) auftauchte: Campact-Aktivisten, darunter Helmut Siegl aus Schiltach und Gerhard Wössner aus Rötenberg kamen, um den CDU-Landtagsabgeordneten zu überzeugen, sich für das Verbot von Glyphosat einzusetzen. Mit dabei waren auch Hubert Nowack, Winfried Praglowski und ich. Wir überreichten dem Landtagsabgeordneten ein Positionspapier, das u. a. „keine Neuzulassung von Glyphosat“ fordert (siehe unten). Und Stefan versprach, das Papier an Volker Kauder weiterzugeben und sich außerdem in der Kreis-CDU für das Verbot des umstrittenen Pflanzenschutzmittels einzusetzen. „Ein Insektizid vernichtet Insekten, das ist einfach so!“, konstatierte Hubert Nowack. Laut Studien sind 80% der Biomasse an Insekten seit den Achziger Jahren verschwunden – „das hat immense Auswirkungen.“ Auch eine Imkerin aus Lauterbach war gekommen, in Schutzanzug, sie erzählte, dass Studien der Uni Hohenheim inzwischen klar nachweisen, dass Bienen durch Glyphosphat ihren Orientierungssinn verlieren, nicht mehr in den Stock oder zur Tracht finden und damit schlichtweg verhungern. Ob Glyphosat krebserregend ist, ist auch nicht geklärt, da das zuständige Bundesamt für Risikobewertung nachweislich ganze Textpassagen seiner Studie von Monsanto abgeschrieben hat. „Solange die Risiken für Mensch und Tier nicht geklärt sind, muss ein Anwendungsmoratorium her!“, haben wir gefordert.

Stefan Teufel betonte, er stehe als gesundheitspoltischer Sprecher der Landtagsfraktion dem Monsanto-Gift kritisch gegenüber und begrüße es auch, dass die Stadt Rottweil es inzwischen verbannt hat: Hier wird, zumindest von öffentlicher Seite, kein Glyphosat mehr eingesetzt. Auch der Schramberger Bauhof arbeitet seit 2016 glyphosatfrei. Andere Gemeinden jedoch nutzen es weiterhin. Ein Landwirt betonte, er komme seit fast 30 Jahren ohne das umstrittene Mittel aus. „Wir lassen uns nicht von Monsanto in die Knie zwingen!“

Ein Verbot von Glyphosat war Thema in den Jamaika-Sondierungsverhandlungen, und Stefan geht auch davon aus, dass es das in weiteren Verhandlungsrunden ebenfalls sein werde. Ein Verbot von Glyphosat, das habe ich im Gespräch deutlich gemacht, ist in der EU immer wieder unter anderem an einer Enthaltung der Deutschen gescheitert. „Die CDU ist gegen ein Verbot, die SPD dafür“, und weil sie sich nicht einigen konnten, hat es eben nie ein klares Nein gegeben. Und somit auch kein Verbot im EU-Parlament.

Stefan Teufel stellte klar: „Mit liegt der Artenschutz am Herzen!“ Ich regte im Gespräch an, eine eigene Initiative im Kreis zu starten, „abseits politischer Farbenspiele!“ Und stieß dabei auf offene Ohren bei Stefan Teufel. „Man muss eine europäische Lösung suchen“, sagte Stefan Teufel. „Wenn es die nicht gibt, dann eine nationale. Und wenn es auf der Ebene nicht funktioniert, müssen wir eben vor Ort tätig werden.“ Ein Statement, das die Campact-Leute freute. Und uns Grüne. Wenn jetzt der Diskurs in der Kreis-CDU angestoßen wird, und wenn wir tatsächlich eine Kreis-Initiative hinbekommen, dann hat sich unser Besuch unglaublich gelohnt!

Unser Glyphosat-Positionspapier:

KEIN GLYPHOSAT AUF DEUTSCHEN ÄCKERN – UND AUCH NICHT IN DEN GEMEINDEN!

Wir Grüne fordern:

  • Keine Neuzulassung von Glyphosat auf Grundlage der BfR-Bewertung!
    Die Erteilung einer Neuzulassung für Glyphosat, die sich auf die unvollständige, fehlerhafte BfR-Bewertung stützt, wäre grob fahrlässig. Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass das laufende Europäische Verfahren gestoppt und auf Grundlage eines neuen, von unabhängigen Experten erarbeiteten Bewertungsberichts neu aufgerollt wird. Es darf keine Verlängerung der Zulassung geben, solange es Zweifel an der Wissenschaftlichkeit und Objektivität der Begutachtung gibt.
  • Anwendungsmoratorium
    Solange Zweifel an der gesundheitlichen Unbedenklichkeit bestehen, muss ein Anwendungsmoratorium für Glyphosat verhängt werden.
    Gemäß dem Vorsorgeprinzip gilt es, die Belastung beziehungsweise Exposition der Bevölkerung gegenüber dem Wirkstoff soweit als möglich zu minimieren.
  • Human-Biomonitoring einführen
    Die Minimierung/Reduzierung der Exposition der Bevölkerung ist durch ein entsprechendes Human-Biomonitoring zu begleiten und in ihrer Wirksamkeit zu überprüfen. Weiterhin muss die Bundesregierung eine mögliche Gefährdung über die Rückstände in Futter- und Lebensmitteln prüfen – eine Ausrichtung der Grenzwerte an Verbraucherschutzkriterien ist überfällig.
  • Aufarbeitung der Vorgänge im BfR
    Der Bewertungsbericht des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) und damit die wissenschaftliche Grundlage für die von der EU-Kommission vorgeschlagene Zulassungsverlängerung von Glyphosat für weitere 10 Jahre erfüllt in wesentlichen Teilen die „Kriterien eines Textplagiats“. Zu diesem Ergebnis kommt ein in Berlin auf einer Pressekonferenz vorgestelltes Sachverständigengutachten des Plagiatsprüfers Doz. Dr. Stefan Weber. Er vergleicht hierfür drei ausgewählte Kapitel des BfR-Berichts zu den gesundheitlichen Risiken von Glyphosat mit entsprechenden Passagen aus dem Zulassungsantrag der Glyphosat-Hersteller. Die Bundesregierung muss angesichts der systematischen Fehler, die bei der Erarbeitung der BfR-Stellungnahme gemacht wurden, umgehend eine Untersuchung einleiten. Im Rahmen dieser Untersuchung müssen auch andere BfR-Bewertungen auf ähnliche Fehler überprüft werden. Die Ursachenforschung muss sich auch darauf erstrecken, durch wen und in welcher Form eine mögliche Einflussnahme erfolgte. Die Bundesregierung und das BfR sind bisher unzulässig trivialisierend mit dem Thema umgegangen – es ist deshalb zu prüfen, ob die Zuständigkeit auf andere Behörden verlagert wird, und ob das Versagen des BfR personelle Konsequenzen haben muss.
  • Veränderung des Zulassungsverfahrens 
    Die Neueinstufung von Glyphosat durch das IARC und der wissenschaftliche Streit wirft die Frage auf, wo unsere Zulassungsverfahren Defizite aufweisen und wo Reformbedarf besteht (auch vor dem Hintergrund, dass auch andere Pestizide wie DDT, Atrazin und die bienengiftigen Neonikotinoide heute als deutlich gefährlicher eingeschätzt werden als bei ihrer Zulassung – die Risikobewertung also letztlich versagt hat).
  • Eine umfassende Pestizidreduktionsstrategie
    Da bei einem Anwendungsmoratorium ein „Ausweichen“ auf andere Stoffe zu befürchten ist, die gesundheitlich auch nicht unbedenklich sind, muss diese Maßnahmen von einer umfassenden Pestizidreduktionsstrategie begleitet werden.

Die nächste Abstimmung zu Glyphosat ist am 27.11.2017 im EU-Parlament. „Wir hoffen, dass es zu einem Verbot reicht. Alles andere ist unverantwortlich“.