Schneider Schreibgeräte in Tennenbronn hat einen ausgezeichneten Ruf als umweltbewusstes Unternehmen. Am bekanntesten ist wohl, dass Schneider als eine der ersten Firmen an seine Mitarbeiter E-Bikes ausgeliehen hat, damit sie umweltfreundlich „ins Geschäft“ fahren. Bei meinem Besuch erzählte Pressesprecherin Martina Schneider fröhlich, sie werde immer wieder angesprochen „Seid Ihr die mit den Fahrrädern?“ Und sie müsse erwidern: „Nein wir sind eigentlich die mit den Stiften.“
Seit 2012 hatte Schneider Senior die Idee mit den e-Bikes für die Mitarbeiter, inzwischen leasen gut 100 der 420 Mitarbeiter am Standort Tennenbronn mit Unterstützung des Unternehmens ein solches e-Bike und kommen umweltfreundlich zur Arbeit. Auch für Dienstreisen gilt, Schneider-Mitarbeiter fahren Bahn, es sei denn sie haben größeres Gepäck zu transportieren. Ein neues Videokonferenzsystem erspart überdies sehr viele Fahrten ins Zweigwerk nach Wernigerode.
Doch dabei bleibt es nicht: „Wir sind seit 1998 EMAS-zertifiziert“, erzählte mir die sehr sympathische Martina Schneider „und waren von Anfang an dabei.“ Das „Eco-Management and Audit Scheme“, kurz EMAS, der Europäischen Union ist laut eigenen Angaben das „weltweit das anspruchsvollste System für nachhaltiges Umweltmanagement“. EMAS bietet Schneider neben dem Marketingeffekt auch weitere Vorteile. Bei den Überprüfungen stellen wir fest wo wir etwas verbessern – und damit auch Kosten sparen können. Auch schafft EMAS Transparenz und Glaubwürdigkeit: „EMAS lässt kein ‚Greenwashing‘ zu.“
Alle drei Jahre werden EMAS zertifizierte Unternehmen durch einen zugelassenen, unabhängigen Umweltgutachter geprüft. Das Erreichen gesteckter Umweltziele und das Formulieren neuer Ziele sind feste Bestandteile der Zertifizierung. „Seit nunmehr 20 Jahren hat sich bei uns im Betrieb anhand der EMAS Zertifizierung so viel zum Positiven verändert und die CO2-Emissionen sind konsequent zurückgegangen“, freut sich Martina Schneider. Das Thema Umwelt spiele in allen Bereichen ihres Betriebs eine tragende Rolle und werde bei jeder Entscheidung- sei es bei Produkten, bei Verpackungen, oder in der Produktion- als Kriterium herangezogen. „Das EMAS-System hilft uns, konkrete Ziele zu formulieren und Maßnahmenpläne zu verfolgen und zu überprüfen“, so Schneider.
Schneider nutzt beispielsweise die in der Produktion entstehende Wärme für die Heizung im Betrieb. Zwei Blockheizkraftwerke und Solarstrom vom Dach treiben neben 100-Prozent-Ökostrom die Maschinen an. „Die Schiltach, die teils unter dem Betrieb durchfließt, nutzen wir für die Kühlung.“ Über einen Wärmetauscher entnimmt die Firma die Kälte und nutzt sie im Produktionsprozess. Das aufgewärmte Wasser fließt in Röhrchen unter dem Firmenhof durch und sorgt dafür, dass der Platz im Winter schnee- und eisfrei bleibt.
Die Kugelschreiber und Stifte von Schneider bestehen zum größten Teil aus Kunststoff, „ein toller Werkstoff für unsere Produkte“, so Schneider, „ denn Kunststoff ist ein sehr vielseitiges Material, das anwenderspezifische Lösungen ermöglicht.“ So seien bei Schreibgeräten hohe Dichtigkeit und Stabilität für eine lange Lebensdauer wichtig, aber auch griffsympathische Oberflächen und Farbenvielfalt. Erdöl sei eine endliche Ressource und Objekt von Spekulationen und Krisen. Die Gewinnung von Erdöl sei für die Umwelt zudem riskant, etwa durch Fracking.
Seit 2011 arbeite Schneider deshalb auch mit biobasierten Kunststoffen. Zunächst habe man nur ein Modell daraus hergestellt, inzwischen ganze Produktlinien. „Wir haben da Pionierarbeit geleistet.“
Beispiele für biobasierte Kunststoffe sind BioPE, BioPET, Celluloseacetat und PLA. Das Ausgangsmaterial für biobasierte Kunststoffe sind nachwachsende Rohstoffe. Das sind beispielsweise Stärke aus Mais, Zucker aus Zuckerrohr und Zuckerrüben, Pflanzenöle wie Rizinusöl, Cellulose aus Baumwolle oder Holz. Auch das sei nicht unproblematisch wegen der damit oft verbundenen Schäden durch Monokulturen. „ Wir beobachten den Einsatz von Bodendünger, Pestiziden, Gentechnik und den Wasserverbrauch zum Anbau nachwachsender Rohstoffe kritisch“, betont Schneider. Ein Ziel für die Zukunft sei daher, sicherzustellen, dass die für die Herstellung biobasierter Kunststoffe verwendeten Rohstoffe aus nachhaltiger, an ökologischen Kriterien orientierter landwirtschaftlicher Produktion stammen.“
Wichtig ist Martina Schneider der Hinweis, dass der von ihrer Firma verwendete biobasierte Kunststoff nicht kompostierbar sei, sondern wie ein normaler Kugelschreiber entsorgt werden müsse. Hier werde oft den Verbrauchern etwas vorgegaukelt. Der klare Vorteil von biobasierten Kunststoffen ist, dass die Rohstoffe nachwachsen, also die endlichen Ressourcen geschont werden. „Obendrein bietet der Werkstoff alle gewohnten herausragenden Gebrauchseigenschaften der erdölbasierten Kunststoffe.“
Die Verwendung des neuen Werkstoffes sei recht aufwändig. Die Werkzeugmacher müssten ganz eigene Spritzwerkzeugen herstellen, erläutert sie im Rundgang. Dabei arbeite Schneider mit Universitätsinstituten zusammen. „Der Biokunststoff sollte kein Nischenprodukt sein.“ Ziel sei, den Massenmarkt damit zu bedienen.
Auch setze sich der Schreiberätehersteller Schneider verstärkt für den Klimaschutz ein. So fördere das Unternehmen Projekte in Afrika, um Emissionen, die durch die Produktion der Schreibgeräte entstehen, auszugleichen und dadurch „klimaneutral“ produzieren zu können. Bei all den Erfolgen verschweigt Schneider im Gespräch mit mir auch Misserfolge nicht. Die Mitfahrer-Such-App TwoGo der Firma SAP sei nicht angenommen worden. Das Mitfahrportal unterstützt die Beschäftigten dabei, Fahrtgemeinschaften innerhalb der Firma oder übergreifend zu bilden. Beim gemeinsamen Fahren kommen die Mitarbeiter in Kontakt, teilen sich die Fahrtkosten und tun etwas für die Umwelt. „Wir haben sehr viel Werbung dafür gemacht, aber die Leute haben es nicht genutzt“, bedauert Schneider. Die Firma suche aber weiter nach Möglichkeiten den Geschäftsverkehr zu verringern.
Für mich war der Besuch bei Schneider eine tolle Möglichkeit, einen genaueren Einblick in die Arbeit eines in Sachen Umwelt vorbildlichen Unternehmens aus der näheren Heimat bekommen zu haben – vielen Dank!
Info: Die Firma Schneider produziert täglich etwa drei Millionen Schreibgeräte und verbraucht pro Jahr etwa 2200 Tonnen Kunststoff. Etwa 65 Prozent des Umsatzes kommt durch den Export. Die Firma beliefert mehr als 130 Länder. 15 Prozent machen dabei Werbeschreibgeräte aus. Schneider beschäftigt an beiden Standorten Tennenbronn und Wernigerode etwa 600 Mitarbeiter.
Hier noch ein paar Eindrücke von meinem Schneider-Besuch: