Frauen stellen sich zur Wahl: Das war das Thema unsres letzten überparteilichen digitalen Frauenstammtischs. Mit dabei als „special guest“ Schrambergs Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr und Carmen Merz, Bürgermeisterin von Zimmern ob Rottweil. Zum Auftakt hab ich die Teilnehmerinnen gefagt, ob sie sich schon einmal irgendwo zur Wahl gestellt hätten oder gewählt worden seienn – und fast alle Hände gingen hoch – das war beeindruckend.
Sie habe schon immer gern Dinge getan, die noch keine Frau getan hatte, erzählte dann Dorothee Eisenlohr. So wurde sie als erste Frau Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderung Schwarzwald-Baar-Heuberg, „im Aufsichtsrat saßen nur Männer.“ Als sie dann gefragt wurde, ob sie in Schramberg kandidieren wolle, habe sie erst nein gesagt, ihre Pläne waren eigentlich zu heiraten und eine Ausbildung zur Wildkräuterpädagogin zu machen. „Ich hab dann eine Nacht schlecht geschlafen“, am nächsten Tag zugesagt. „Mir wurde klar, dass Frauen auftauchen müssen, dann ist es für die nach ihnen einfacher.“ Im Schramberger Gemeinderat würde sie gerne mehr Frauen sehen – es sind nur drei von den 27 ehrenamtlichen Räten. „Nichts gegen die Männer, aber das täte der Gesellschaft gut.“ Frauen bringen eine andere Perspektive und oft eine schöne Diskussionskultur mit ein, findet Eisenlohr, „es geht nicht um Macht, sie sind sachorientierter.“ Mehr Solidarität unter Frauen statt Lästereien über den zu kurzen Rock der Kollegin, „ich beteilige mich schon seit Jahren nicht mehr an solchen Gesprächen.“
Auch Carmen Merz behauptet sich in einer männerdominierten Welt: Als Assistentin der Geschäftsführung einer Lebenshilfe-Werkstatt, dann als relativ junge Personalchefin beim DRK, „da habe ich mir manches Mal anhören müssen, dass ich den Leuten nichts zu sagen hätte.“ Schließlich fragte sie der Chef, ob sie nicht die Geschäftsführung übernehmen könnte, sie zögerte angesichts ihrer kleinen Kinder, entschied sich dann aber doch dafür. „Damals sagten mir vor allem Frauen, dass das super wäre, aber doch nicht mit kleinen Kindern.“
Ein toller Job, der Carmen Merz dann aber irgendwann nicht mehr ausfüllte. Für die Bewerbung als Bürgermeisterin nahm sie sich einen Coach, mit dem sie nach Orten suchte, wo es passen könnte, auch räumlich, um die Familie nicht verpflanzen zu müssen. In Zimmern machte sie dann Wahlkampf, lange bevor die Stelle ausgeschrieben war, „ich kannte dort niemanden“, knüpfte erste Kontakte, besuchte die Fraktionen. Dieser Vorsprung sorgte dann dafür, dass sich auf die dann ausgeschriebene Stelle kaum jemand anderes bewarb.
Carmen Merz betonte auch, dass bei Frauen viel mehr aufs Äußere geachtet wird als bei Männern. „Bei meinem ersten Fassanstich war ich total nervös, aber nicht nur wegen des Fassanstichs, sondern weil ich lange überlegen musste, was ich anziehe.“ Dabei gelang es ihr gleich beim ersten Schlag, den Krug zu zertrümmern, und sie hat dabei gelernt: „Eigentlich will das ja kein Mensch sehen, wenn es gleich klappt!“ Sie erzählte auch von der baden-württembergischen Bürgermeisterinnenrunde, „hier traut sich jede, was zu fragen.“ Und inzwischen seien auch jüngere Frauen dabei, auch mit kleinen Kindern – ein Generationenwechsel.
Dorothee Eisenlohr, die selbst keine Kinder hat, erzählte, dass sie im Wahlkampf genau darauf angesprochen wurde. Die männlichen Konkurrenten hatten zusammen neun Kinder, „aber nur ich wurde darauf angesprochen, wie ich Kinder betreuen will.“ Beide Bürgermeisterinnen betonten, dass man den Job durchaus so gestalten könne, dass die Chefin nicht immer präsent sein muss. „Meine Vorgänger waren Tag und Nacht im Rathaus. Das mache ich nicht.“ sagt Carmen Merz. „Ich arbeite oft zuhause. Und wenn ich auch mal meinen Stellvertreter geschickt habe und nach einem ruhigen Wochenende ausgeruht ins Rathaus zurückkomme, haben die Bürger und Bürgerinnen ja auch was davon.“ Authentisch zu bleiben, das ist Carmen Merz wichtig, und: „Frauen müssen sich mehr trauen!“
Gerade jüngere Frauen bringen mehr Selbstbewusstsein mit, da waren wir uns alle einig. Aber auch Vorbilder sind wichtig, um anderen Frauen zu zeigen, was alles möglich ist. Frauen in wichtigen Positionen, „es liegt ja an uns, dass sowas normal wird“, betonte Henriette Stanley, eine der Teilnehmerinnen und Nachfolgerin von Dorothee Eisenlohr – sie leitet jetzt die Wirtschaftsförderung Schwarzwald Baar-Heuberg. Ich hab dann als Fazit gezogen: Frauen müssen gefragt werden, auch mehrfach, sie überlegen sich das eben gut. Denn sie stellen sich nicht vorne hin und sagen, boah, ich kann das und klopfen sich auf die Brust, wie das Männer oft tun. Ein spannender und informativer Abend, auch darin waren wir uns alle einig.