„Sorry, we don’t have shoes for you“

Auf Einladung des Kreisverbands von Bündnis 90 /Die Grünen fand am 19. November im Hotel „Hirt“ ein Vortrag von Karin Schmidtke statt, die von ihren Erlebnissen im Flüchtlingscamp Opatovac (Kroatien) berichtete. Karin ist Journalistin und Fotografin – und Helferin.

Nachdem ich Karin und ihre unglaubliche Geschichte kurz vorgestellt hatte, erzählte sie, untermalt von an die Wand projizierten Fotos, von ihrer Odyssee. Angefangen hatte alles mit Bildern, die sie im Fernsehen sah. Von Scharen von Menschen, die über den Balkan zogen, mit nicht mehr als den Kleidern am Leib, oft mit kleinen Kindern. Das wollte sie sich persönlich anschauen und wenn möglich helfen. Also sammelte sie Kleider- und Geldspenden. Durch eine großzügige Gabe von 500 Euro konnte Karin einen Sprinter mieten – „dass mein Auto viel zu klein ist, das wurde mir schnell klar“.

 

Die Hinreise endete im Flüchtlingscamp in Opatovac, wo das kroatische Rote Kreuz zusammen mit freiwilligen Helferinnen und Helfern aus ganz Europa die dort ankommenden Flüchtlinge versorgte. Das Lager Opatovac ist in fünf verschiedenfarbige Bereiche aufgeteilt, die jeweils mit Flüchtlingen gefüllt und dann wieder geleert, gereinigt und desinfiziert werden. Pro Tag kämen ca. 5.000 Flüchtlinge an, erzählte Karin – bei Sonne und Regen, bei Tag und bei Nacht. Eine einigermaßen menschenwürdige Versorgung sei gar nicht so einfach. Die mitgebrachten Kleiderspenden seien schnell vergriffen gewesen – „20 Paar Schuhe bei 5.000 Menschen – da mussten wir sehr oft auch zu Leuten mit total löchrigen Schuhen sagen ‚sorry, we don’t have shoes for you‘“.

 

Kasperle heiterte auf

Mit am schlimmsten, so Karin, sei die Situation für die Kinder. Wenn mal Zeit war, habe sie sich mit ihrem Kasperle auf den Weg gemacht und per Handpuppe kommuniziert. „Das Kasperle hat den Kindern gewunken und sie haben zurückgewunken. Dann hat es den Erwachsenen gewunken und sie haben zurückgewunken. Und dann hat es den Polizisten oben auf dem Wall gewunken, und die haben auch zurückgewunken“.

Nach elf Tagen im Flüchtlingscamp fuhr Karin nach Hause – über die Route, die auch viele der Flüchtlinge nehmen. Sie erzählte von sehr schlechten Bedingungen in Ungarn. Zum Glück gäbe es viel Hilfe in Form von Essensspenden aus der Bevölkerung, da die ungarischen Behörden teilweise anscheinend nicht mal die Toiletten in den Bahnhöfen zur Verfügung stellten. Weiter auf der Route nach Österreich. Im Wiener Westbahnhof wurde eine Parkhausebene für Flüchtlinge hergerichtet. „Ich sah Kinder spielen, Kinder mit trockenen Schuhen an – da musste ich weinen“.

Von Wien fuhr Karin noch zum Münchner Hauptbahnhof: sie erwartete auch da Tausende von Flüchtlingen, doch sie sah nur ganz wenige – stattdessen Helferinnen und Helfer, die nichts „zu tun“ hatten. Zur Zeit kämen nur rund 50 Flüchtlinge pro Tag in München an.

 

Wie die Verteilung der Flüchtlinge verläuft, das konnte Karin nicht herausfinden. Es sei einfach schrecklich für die Flüchtlinge, dass sie in Busse und Züge verfrachtet würden, ohne überhaupt zu wissen, wohin diese fahren.

 

Nächste Balkan-Tour bereits gestartet – im Gepäck Schuhe und Socken von Flüchtlingsreportage-Besuchern
Am vergangenen Sonntag, 23. November, startete Karin zu einer erneuten Balkan-Tour. „Jetzt weiß ich worauf es ankommt: „Schuhe – Es wird kalt, die Leute brauchen Hilfe, vor allem warme Füße“. Auch mein Aufruf, zum Flüchtlingsreportage-Abend Schuhe mitzubringen, war erfolgreich: Die Besucher brachten ca. 40 Paar Schuhe und 10 Paar selbstgestrickte Socken mit!