PM: Stell dir vor, es gäbe keinen Grund für Krieg – Gerhard Schick MdB und Martina Netzer stellen Lieder in politischen Kontext

Bekannte Lieder haben meist tiefer gehende Aussagen, als man es beim alltäglichen Hören vermutet. Vor allem können diese auch politisch interpretiert werden. Das haben der Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick MdB, renommierter Finanzexperte der Grünen und Martina Netzer, Chanson-Sängerin, bei einer Wahlkampfveranstaltung der besonderen Art unter Beweis gestellt.

In der Markthalle in Rottweil wurden sie und alle Besucherinnen und Besucher zunächst von der Grünen Landtagskandidatin Sonja Rajsp begrüßt, die vor allem auf das besondere Veranstaltungsdatum aufmerksam machte: den Weltfrauentag. „Wir Grüne sind auch in Sachen Gleichberechtigung Vorreiter. In unserer aktuellen Landtagsfraktion sind 44 Prozent Frauen, von allen Landtagskandidaten dieses Jahr sind 47 Prozent weiblich – eine davon bin ich“, sagte sie.

Das erste Lied von Gerhard Schick und Martina Netzer wurde dann in einen aktuellen Kontext: Warum fliehen Menschen? „Fluchtursachen sind vielfältig. So wird der Klimawandel zu einer immer größeren Bedrohung, und auch wir zerstören teils unbewusst das Leben vieler in anderen Staaten. Beispielsweise durch viel zu billige Fleischimporte in afrikanische Staaten, die den dortigen Fleischmarkt kaputt machen“, so Schick. Ebenso verwies er auf die steigenden Waffenexporte auch aus Deutschland, die damit unweigerlich dem Krieg als Fluchtursache zuspielen. Daraufhin wurde das Lied „Imagine“ von John Lennon angestimmt: „Stell dir vor, es gäbe nichts, wofür man Krieg führen muss.“

Danach ging der Finanzpolitische Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion auf Umwelt- und Tierschutz ein. „Es gab bereits fünf Phasen des großen Artensterbens, jetzt befinden wir uns in der sechsten“, sagte Schick. Die vorherigen fünf Artensterben wurden jedoch von extern beeinflusst, für die sechste Phase aber sei eine interne Art verantwortlich: der Mensch. Mit viel Gefühl begleitete er dann am Piano die Sängerin Martina Netzer beim Lied „Heal the World“ von Michael Jackson. „Das ist das Grüne-Lied schlechthin“, fasste er dessen Inhalt zusammen.

Bevor Schick zu seinem Fachgebiet, die Finanpolitik kam, gaben er und Netzer das Lied „Brot und Rosen“ zum Besten. „Kleine Leute sollten nicht für große Leute schuften müssen“, leitete der Grünen-Politiker dann über. Ein Beispiel hierfür seien die Cum-Ex Geschäfte: Mehr als zehn Jahre seien Steuergelder unberechtigt in die Taschen von Großbanken und Millionäre geflossen und dem Staat sei so ein Schaden von über 12 Milliarden Euro entstanden. Endlich sei hierzu nun ein Untersuchungsausschuss gegründet worden, der aufklären soll, wie es dazu kommen konnte. „Steuergelder sind für das Gemeinwohl da.“, so Schick.

Das darauf folgende Lied „Wo bleiben die Beschwerden“ von Enno Bunger konnte auf alle bereits angesprochenen Themen angewendet werden, doch es zielt besonders auf ein weiteres brisantes und derzeit wieder hoch aktuelles Thema: Rassismus und Rechtsextremismus. „Wir können was dafür, wenn wir nichts dagegen tun“, sang Netzer. Seit 1990 seien 178 Menschen in Deutschland Opfer von Rechtsradikalen geworden, besonders der Fall des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) zeigte im Nachhinein, wie vor der Gefahr von rechts die Augen verschlossen wurden.

„Das Grün bricht aus den Zweigen“ von Wolf Biermann lockerte nach diesem ernsten Lied die Atmosphäre beim begeisterten Publikum wieder. Schick sprach die Agrarwende, Antibiotikum im Fleisch und Soja-Monokulturen, die Landwirtschaft und Landschaft kaputt machten, an. Vor allem verwies er auf die Erfolge der Grünen in Sachen Umweltschutz. „Wir Grüne haben viel angestoßen, auch wenn’s schwer war. Das beste Beispiel ist der Atomausstieg, der immer von Grün gefordert wurde und von dem wir nie abgerückt sind. Wir müssen einfach an den Themen dranbleiben“, zeigte er sich zuversichtlich und untermauerte seinen Optimismus mit dem Stück „Auch kleine Steine ziehen große Kreise“ von Udo Jürgens.

Dabei sind die Grünen gar nicht mehr klein, schon gar nicht in Baden-Württemberg. Das hätten sie insbesondere beim Klimagipfel in Paris bewiesen. In einer gemeinsamen Initiative mit Kalifornien zeigten sie, wie sie die Pariser Beschlüsse vor Ort umsetzen und durch Partnerschaften Klimaziele erreichen können.

Vor dem letzten Lied ließ man weitere Erfolge der Grünen aus den vergangenen fünf Jahren Regierungsarbeit Revue passieren: Homosexuelle dürften jetztauf dem Standesamt heiraten, das Tanzverbot an Weihnachten wurde gemeinsam mit den Kirchen gekippt und die Zahl der Gemeinschaftsschulen im Land sei auf 299 gestiegen. Außerdem seien es die Grünen gewesen, die nach dem tausendfaschen Stellenabbau in der Steuerverwaltung und bei der Polizei durch die vorher regierende CDU wieder für mehr Stellen sorgte. Mit Blick auf Vorzeigeprojekte wie das Patrick Henry Village in Heidelberg in der Flüchtlingsfrage wurde der musikalische Teil des politischen Abends emotional abgeschlossen: Mit „What a wonderful world“ von Louis Armstrong.

Anschließend wurde die Runde für Fragen geöffnet, wo das Publikum unter anderem mehr wissen wollte zu den Themen Glyphosat in der Landwirtschaft, das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP und natürlich Banken.

„Es war ein ganz toller Abend“, resümierte die Grüne Landtagskandidatin Sonja Rajsp, die den Abend unter dem Motto „einKlang: Musik und Politik“ souverän moderierte. Als Zugabe wurde „Je ne regrette rien“ von Edith Piaf angestimmt.